Gericht, Anwalt, Dresden
Gericht, Anwalt, Dresden
Hirschmann Rechtsanwalt
Hirschmann Rechtsanwalt

Medizinrecht

Arzthaftungsrecht

 

Das Arzthaftungsrecht ist entgegen vielfach vertretener Auffassung trotz seiner Zugehörigkeit im Wesentlichen zum Zivilrecht inzwischen eine ausgesprochene Speziallistenmaterie. Nachdem dieses Rechtsgebiet über viele Jahre durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der Oberlandesgerichte bzw. des Kammergerichts geprägt war, ist mit dem Patientenrechtegesetz seit dem 26. Februar 2013 eine gesetzliche Regelung des Rechtes der Patienten in den §§ 630a-630h BGB erfolgt. Das Gesetz folgt dabei den bisherigen Entwicklungen in der Rechtsprechung.

Die zu den einzelnen Feldern der Aufklärungspflichtverletzung, des groben Diagnosefehlers, der unterlassenen Befunderhebung, des Therapiefehlers, der Dokumentationsversäumnisse, des Organisationsverschuldens und der ihnen zugeordneten Bereiche ergangene Rechtsprechnung ist bei weitem zu komplex, als dass sie nebenbei im Alltag eines allgemein zivilrechtlich tätigen Anwalts in ausreichender Weise beherrscht werden könnte. Die darüber hinaus bestehenden Bezüge zum öffentlichen Recht und zum Sozialrecht setzen vertiefte Kenntnisse des sachbearbeitenden Anwalts voraus. Auch aus diesem Grund hat die Anwaltschaft eine Fachanwaltsbezeichnung für Medizinrecht eingeführt. Die Bezeichnung wird nur an Anwälte verliehen, die besondere theoretische und praktische Kenntnisse im gesamten Medizinrecht erworben und nachgewiesen haben.

 

Grundlage der Bearbeitung eines jeden Arzthaftungsmandates ist die Beiziehung aller relevanten Behandlungsunterlagen. Diese Unterlagen muss ein im Arzthaftungsrecht tätiger Anwalt verstehen und auswerten können, er benötigt also auch grundlegende anatomische Kenntnisse und Kenntnisse über die mit bestimmten Behandlungsmethoden regelmäßig verbunden Komplikationen.

 

Mit Ausnahme der wenigen Fälle, in denen bereits bei Auswertung der Behandlungsunterlagen ein Verstoß gegen den Facharztstandard festgestellt werden oder ausgeschlossen werden kann, ist in Arzthaftungssachen zweckdienlicher Weise bereits außergerichtlich ein Gutachten einzuholen. Hierfür können sich Versicherte an den Medizinschen Dienst der Krankenkassen wenden, es kann auch ein- allerdings kostenpflichtiges- Privatgutachten eingeholt werden.

 

Weitere Möglichkeiten ein Gutachten zu erhalten bestehen im Schlichtungsverfahren und im Strafverfahren.

 

Selbstverständlich ist die Bearbeitung eines solchen Mandates auch mit Kosten für Patienten, Eltern oder Hinterbliebene verbunden. Wer über keine Rechtsschutzversicherung verfügt, muss dennoch nicht fürchten qualifizierten anwaltlichen Rat nicht in Anspruch nehmen zu können. Für diesen Personenkreis stehen grundsätzlich die Institute der Beratungshilfe, Prozeßkostenhilfe und im Einzelfall auch der Finanzierung eines Verfahrens durch einen Prozeßkostenfinanzierer zur Verfügung.

Wir informieren Sie gerne über die Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten.

 

Behandlungsabbruch, Patientenverfügung, Betreuer, betreuungsrechtliche Genehmigung

 

 

Wenn lebenserhaltende Maßnahmen eingestellt werden sollen, stellen sich abhängig vom Vorliegen einer Patientenverfügung unterschiedliche rechtliche Fragen. Zur neuen Rechtslage seit 2009 hat sich nunmehr der BGH mit einem Beschluss vom 17.09.2014 -XII ZB 202/13 ( unten zu 1.) geäußert. Zu den Anforderungen an eine Patientenverfügung in diesem Zusammenhang hat sich der BGH mit Beschlusss vom 6. Juli 2016 -XII ZB 61/16  (unten zu 2.) geäußert.

 

Hat ein Betreuter oder Vollmachtgeber rechtzeitig vorgesorgt und in einer Patientenverfügung klar beschrieben, in welcher Situation er Behandlungen wünscht oder ablehnt, so herrscht für alle Beteiligten in der Regel Klarheit und es bedarf keiner gerichtlichen Genehmigung selbst bei schwerwiegenden Eingriffen oder der Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen.

Die Auseinandersetzung mit dem Sterben und dem Tod ist für viele Menschen indessen nach wie vor ausgesprochen schwierig, so dass häufig keine oder keine hinreichend klare Patientenverfügung erstellt worden ist, bevor sich Angehörige und Ärzte mit der Frage auseinander zu setzen haben, was der Patient/ Angehörige in dieser konkreten Lage gewollt hätte, könnte er seinen Willen noch artikulieren.

 

1. Einer betreuungsrechtlichen Genehmigung bedarf ein Behandlungsabbruch dann nicht, wenn ein ernannter Betreuer sich mit den behandelnden Ärzten vollkommen einig ist, dass es dem Willen des Betroffenen entsprochen hätte, die Behandlung in seiner konkreten Lage zu beenden. Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung des Betreuers oder einer betreuungsrechtlichen Genehmigung, wenn eine passgenaue, d.h. konkrete Patientenverfügung vorliegt, diese formuliert den Willen des Betroffenen für alle verbindlich. Der Arzt darf hier also allein aufgrund der Patientenverfügung handeln.

 

Eine gerichtliche Genehmigung ist einzuholen, wenn Zweifel daran bestehen, ob tatsächlich Einvernehmen zwischen Betreuer und Arzt besteht und zudem, wenn das Gericht zweifelt, ob die Entscheidung dem Willen des Betroffenen entspricht. Zulässig ist zur Unterstützung des Betreuers auch die Einholung eines sog. Negativattests durch das Gericht, d.h. die Feststellung durch das Gericht, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist.

 

Liegt keine passgenaue Patientverfügung vor und ist daher ein Betreuer zu bestellen, so ist nach der Entscheidung des BGH sodann wie folgt zu prüfen:

-kann der Patientenwille aufgrund von Behandlungswünschen ermittelt werden?

-falls nicht, ist der mutmaßliche Wille des Betroffenen zu ergründen, wobei hier konkrete Anhaltspunkte zu ermitteln sind.

Unabhängig davon, ob der Sterbevorgang bereits begonnen hat bzw. der Tod noch nicht unmittelbar bevorsteht, gelten beweismäßig strenge Anforderungen an die Ermittlung des mutmaßlichen Willens, mithin unabhängig vom Stadium der Erkrankung.

 

2. Die schriftliche Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, enthält für sich genommen nicht eine für eine bindende Patientenverfügung notwendige konkrete Behandlungsentscheidung des Betroffenen. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.

 

Diese Entscheidungen helfen in der Praxis durch die erfolgten Klarstellungen. Dennoch werden viele Fälle verbleiben, in denen eine sichere Antwort auf die sich stellenden Fragen nicht ohne weiteres gegeben werden kann. Hier hilft nur die rechtzeitige Anfertigung einer präzisen Patientenverfügung, die mit Hilfe eines Spezialisten aufgesetzt werden sollte. In aller Regel wird es nicht ausreichen, sich ein frei erhältliche Formular zu besorgen und dieses zu vervollständigen. Bereits errichtete Patientenverfügungen sollten insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidung vom 6. Juli 2016 dringend daraufhin geprüft werden, ob sie hinreichend präzise sind.

 

Sprechen Sie uns jederzeit an, wir helfen Ihnen gerne.

 

 

Neues im Medizinrecht

BGH VI ZR 14/14 v. 21.Oktober 2014

 

Garantenstellung und Haftung des aufklärenden Arztes

 

Auch der Arzt, der einen Patienten ausschließlich über den von einem anderen Arzt angeratenen und durchgeführten Eingriff aufklärt, kann dem Patienten im Falle einer fehlerhaften oder unzureichenden Aufklärung aus unerlaubter Handlung haften.

Mit der Aufklärung übernimmt der Arzt einen Teil der ärztlichen Behandlung, die - wie auch sonst die tatsächliche Übernahme der Behandlung - seine Garantenstellung gegenüber dem sich ihm anvertrauenden Patienten begründen kann.

 

BGH VI ZR 76/13 v. 11.November 2014

 

Nochmals zur fehlenden Dokumentation

 

Nach der gefestigten Rechtssprechung des VI. Zivilsenats begründet das Fehlen der Dokumentation einer aufzeichnungspflichtigen Maßnahme die Vermutung, dass die Maßnahme unterblieben ist. Diese Vermutung entfällt weder deshalb, weil in der Praxis mitunter der Pflicht zur Dokumentation nicht nachgekommen wird, noch deshalb, weil die Dokumentation insgesamt lückenhaft ist.

 

BGH VI ZR 125/13 v. 28. Oktober 2014

 

Reichweite und Zeitpunkt ärztlicher Aufklärungspflichten bei verschiedenen Entbindungsmethoden

 

Ein Versäumnisurteil des VI. Zivilsenats beschäftigt sich mit der häufig aufgeworfenen Frage der Pflicht zur Aufklärung über die Möglichkeit einer Schnittentbindung.

Bestehen deutliche Anzeichen dafür, dass sich der Zustand der Schwangeren bzw. der Geburtsvorgang so entwickeln können, dass die Schnittentbindung zu einer echten Alternative zur vaginalen Entbindung wird, muss der Arzt die Schwangere über die unterschiedlichen Risiken und Vorteile der verschiedenen Entbindungsmethoden aufklären. Drohen für das Kind bei vaginaler Entbindung ernstzunehmende Gefahren, bestehen also im Interesse des Kindes gewichtige Gründe für die Schnittentbindung und stellt die Schnittentbindung auch unter Berücksichtigung der Konstitution und der Befindlichkeit der Mutter in der konkreten Situation eine medizinisch verantwortbare Alternative dar, so ist aufzuklären.

Gleiches gilt, wenn aufgrund konkreter Umstände die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im weiteren Verlauf eine Konstellation eintritt, die als relative Indikation für eine Schnittentbindung zu werten ist. Eine -vorgezogene- Aufklärung über die unterschiedlichen Risiken und Vorteile der verschiedenen Entbindungsmethoden ist deshalb bereits dann erforderlich, wenn deutliche Anzeichen dafür bestehen, dass sich der Zustand der Schwangeren bzw. der Geburtsvorgang so entwickeln können, dass die Schnittentbindung zu einer echten Alternative zur vaginalen Entbindung wird.

 

Mit dieser Entscheidung ändert sich jedoch nichts daran, dass der Arzt ohne besondere Veranlassung die Möglichkeit einer Schnittentbindung nicht zur Sprache bringen muss.

 

 

BGH III ZR 320/12 v. 06.März 2014

 

Haftung eines Sachverständigen nach Maßgabe von § 839a BGB

 

§ 839a BGB umfasst über seinen Wortlaut hinaus auch Gutachten von Sachverständigen, die in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft erstattet werden. Die Haftung eines Leiters des rechtsmedizinischen Instituts einer Universität wegen eines fehlerhaften toxikologischen Gutachtens im Rahmen eines Todesfallermittlungsverfahrens (§ 91 StPO) richtet sich jedoch nach § 839 BGB i.V.m. Art 34 Satz1 GG mit der Folge der befreienden Haftungsübernahme durch den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der Sachverständige steht. Eine persönliche Inanspruchnahme des Sachverständigen durch den Geschädigten ist insoweit ausgeschlossen.

 

BGH VI ZR 143/13 v. 28.Januar 2014

 

Das Gericht darf seine Überzeugnungsbildung gemäß §286 ZPO auf die Angaben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und "einiger Beweis für ein Aufklärungsgespräch" erbracht ist.

 

Für den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist nicht unbedingt erforderlich, dass sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch (Ort, Umstände, genauer Inhalt) erinnert. Da an den vom Arzt zu führenden Nachweis der ordnungsgemäßen Aufklärung keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, darf das Gericht seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auch dann auf Angaben des Arztes über ein regelmäßig inhaltsgleich geführtes Aufklärungsgespräch stützen, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben.

Eine hinreichende Aufklärung kann selbst dann allein auf Angaben des sich nicht erinnernden Arztes gestützt werden, wenn das aufklärungspflichtige Risiko weder im Aufklärungsbogen noch in der Patientenkartei bzw. an anderer Stelle beschrieben ist.

 

Im entschiedenen Fall ging es um die Aufklärung über eine in der Praxis höchst seltene Operationserweiterung durch Herstellung eines "hypothermen Kreislaufstillstands", in den Aufklärungsbögen zur durchgeführten Herzklappenoperation war nur die "konservative" Operationsmethode unter Aufrechterhaltung des Kreislaufs mit Herz-Lungen-Maschine beschrieben. Es fehlte jeder Hinweis auf eine Operationsmethode mittels hypothermen Kreislaufstillstands.

 

BGH VI ZB 22/13 v. 11.März 2014

 

Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit einer erstinstanzlichen Entscheidung ist lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellen.

 

Nach § 520 Nr.2 ZPO hat, wenn die Berufung darauf gestützt wird, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht, die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Gemäß § 520 Abs.3 Satz2 Nr.3 ZPO hat der Berufungsführer konkrete Anhaltspunkte zu bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tasachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Da das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen grundsätzlich gebunden ist (§ 529 Abs.1 Nr.1 ZPO), muss die Berufung, die den festgestellten Sachverhalt angreifen will, eine Begründung dahin enthalten, warum die Bindung an die festgestellten Tatsachen ausnahmsweise nicht bestehen soll. Rügt der Berufungsführer im Arzthaftungsprozess, das Erstgericht sei unkritisch den Ausführungen des Gerichtsgutachters gefolgt, ohne sich mit den Einwendungen aus seinem vorgelegten Privatgutachten auseinanderzusetzen, so liegt darin die Rüge des Verfahrensfehlers einer unvollständigen Beweiswürdigung. Damit hat der Berufungsführer hinreichend konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Festsstellung gebieten können.

 

OLG Hamm 26 U 178/12

 

Mehrere einfache Behandlungsfehler können in einer Gesamtbetrachtung einen groben Behandlungsfehler darstellen.

 

Der Senat hat in einem geburtshilflichen Sachverhalt die Frage, ob einzelne Bhandlungsfehler grob gewesen seien dahinstehen lassen, da zumindest eine Gesamtbetrachtung aller Umstände eine grobe Behandlungsfehlerhaftigkeit annehmen lasse.

 

Hinweis: Die Entscheidung ist als Referenzentscheidung für die Fälle interessant, in denen einzelne Fehler keinen groben Behandlungsfehler darstellen und nur über die Geamtbetrachtung des Behandlungsgeschehens eine Beweislastumkehr erreicht werden kann.

 

BGH VI ZR 554/12 v. 02.07.2013

 

In Fällen des Befunderhebungsfehlers sind dem Primärschaden alle allgemeinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Patienten unter Einschluss der sich daraus ergebenden Risiken, die sich aus der unterlassenen oder unzureichenden Befunderhebung ergeben können, zuzuordnen.

 

Nach der Rechtssprechung des VI. Zivilsenats erfolgt bei der Unterlassung der gebotenen Befunderhebung eine Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität, wenn bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt. Zudem kann auch eine nicht grob fehlerhafte Unterlassung der Befunderhebung dann zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führen, wenn sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde und diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen.

Diese Grundsätze finden allerdings nur Anwendung, soweit durch den Fehler des Arztes unmittelbar verursachte haftungsbegründende Gesundheitsverletzungen in Frage stehen, mithin der Primärschaden. Im entschiedenen Fall ging es um die Abgrenzung zwischen Primär- und Sekundärschaden, nämlich darum, ob eine nicht rechtzeitig erkannte Thrombose den haftungsbegründenden Primärschaden darstellte oder ob dies auch für eine Epilepsie galt, die letztlich zum Tode der Patientin geführt hatte.

Der Senat hat festgehalten, dass die geltendgemachte Körperverletzung in der durch den Behandlungsfehler herbeigeführten gesundheitlichen Befindlichkeit in ihrer konkreten Ausprägung zu sehen sei, was im Streitfall bedeutete, dass als Primärschaden auch das durch die Fehlbehandlung geschaffene und erhöhte Risiko der Patientin anzusehen war, eine Epilepsie -und dies mit tödlichen Folgen- zu erleiden.

 

BGH II ZB 7/11 v. 16.05.2013

 

Der II. Zivilsenat hat in einer Partnerschaftsregistersache das Verfahren ausgesetzt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung des Verbots der beruflichen Verbindung von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern zur gemeinsamen Berufsausübung vorgelegt.

 

Ein Rechtsanwalt und eine Ärztin und Apothekerin gründeten eine Partnerschaftsgesellschaft und meldeten diese beim Amtsgericht zur Eintragung ins Partnerschaftsregister an. Zum Gegenstand nach § 3 Abs.2 Nr.3 PartGG hieß es in der Anmeldung:" Gegenstand der Partnerschaft ist die Ausübung des selbstständigen Berufs des Rechtsanwalts durch Partner Dr.W. und der Ärztin und Apothekerin Dr.Dr. M.. Die Partnerin Dr. Dr. M. wird jedoch nur gutachterlich und beratend tätig; sie übt in der Partnerschaft weder die Heilkunde am Menschen aus, noch betreibt sie in der Partnerschaft eine Apotheke.

 

Das AG hatte die Anmeldung zurückgewiesen, die Beschwerde hiergegen blieb erfolglos. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, damit dieses entscheide, ob § 59a Abs.1 BRAO in der Fassung vom 12. Dezember 2007 mit Art. 3 Abs.1, Art. 9 Abs.1 und Art. 12 Abs.1 GG vereinbar ist.

Nach Auffassung des II. Zivilsenats steht § 59a Abs.1 BRAO einer beruflichen Verbindung von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung entgegen. Der Senat sieht diese Regelung insoweit als verfassungswidrig an, als sie die berufliche Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern -im Gegensatz zu einer solchen mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern- nicht zulässt.

 

BayLSG L 5 KR 102/13 v. 05.04.2013

 

Verpflichtung der GKV für vorläufige Kostentragung bei off-label use von Avastin

 

Im entschiedenen Fall hatte der Patient zunächst die Kostenübernahme für eine FET-PET-CT-Untersuchung beantragt, die die Kasse nach Einholung eines Gutachtens des MdK abgelehnt hatte. Da sich im Eilverfahren infolge dessen nicht klären ließ, ob eine noch allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Therapie möglich war, hat der Senat die Krankenkasse verpflichtet, die Kosten für eine Behandlung mit Avastin vorläufig für 3 Monate zu übernehmen. Die Leistung ist nicht Bestandteil des Leistungskatalogs, darüber hinaus ist Avastin für die Behandlung eines Gliobastoms in Deutschland noch nicht zugelassen, anders als in den USA.

 

 

Am 26.Februar 2013 ist das neue Patientenrechtegesetz ebenso in Kraft getreten, wie die Neuerungen im Recht zur ärztlichen Zwangsbehandlung. Der Behandlungsvertrag wird in den neuen §§ 630a-630h BGB geregelt.

Änderungen im SGBV verbessern die Rechte der Mitglieder gesetzlicher Krankenversicherungen. Das Gesetz enthält darüber hinaus Änderungen in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte sowie die Änderungen der Bundesärzteordnung.

 

Auskunfts- und Einsichtsrechte des Patienten

 

1. Anspruch auf Übersendung von Abstrichbefunden

 

Der Kläger, ein Witwer, hat im hier entschiedenen Fall die Herausgabe von histologischen/zytologischen Präparaten seiner verstorbenen Ehefrau verlangt.

 

Das OLG München hat, in Bestätigung der Vorinstanz, einen Herausgabeanspruch des Klägers angenommen. Zwar hat der Patient nach § 811 Abs.1 BGB grundsätzlich lediglich ein Einsichtnahmerecht in Krankenunterlagen bzw. einen Anspruch auf Überlassung von Kopien. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht ausnahmslos. Ein Herausgabeanspruch hinsichtlich der Präparate kann sich dann ergeben, wenn andernfalls das Recht des Patienten, anhand der Krankenunterlagen das Vorliegen eines Behandlungsfehlers zu überprüfen, abgeschnitten würde.

Allerdings ist das Eigentumsrecht des Arztes an den Präparaten zu beachten, so dass eine zeitweilige Überlassung nur dann zu erfolgen hat, wenn die Herausgabe zur Prüfung von Schadensersatzansprüchen unabdingbar ist, die Herausgabe dem Arzt zumutbar ist und von einer ordnungsgemäßen Rückgabe ausgegangen werden kann.

 

OLG München 06.12.2012-1 U 4005/12

 

2. Anspruch auf Kopien oder Aktenübersendung bei gerichtlicher Aktenbeiziehung

 

Hier hatten die Beklagten beim LG die Übersendung der im Original beigezogenen Krankenakten bzw. die Übersendung entsprechender Kopien beantragt. Das LG hat den Antrag zurückgewiesen, das OLG gab der Beschwerde der Beklagten statt.

Ein Anspruch auf Fertigung von Kopien durch die Geschäftsstelle ergebe sich bei Urkunden( zu denen auch die Original-Behandlungsunterlagen von Vor- bzw. Nachbehandlern gehören), die -wie im entschiedenen Fall- unmittelbar vom Gericht gem. § 142 ZPO bei Dritten angefordert werden, sowohl aus den Regelungen der §§ 131,133 ZPO als auch einer analogen Anwendung des § 299 ZPO unter Beachtung des Grundsatzes auf rechtliches Gehör gem. Art.103 Abs.1 GG.

 

OLG Karlsruhe 19.09.2012-13 W 90/12

 

3. Kein Auskunftsanspruch gegen Medizinprodukte-Hersteller

 

Das OLG Frankfurt a.M. hat einen Auskunftsanspruch gegen den Hersteller einer implantierten Fidelis-Elektrode abgelehnt.

Ein solcher ergebe sich nicht aus § 810 BGB, denn ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme in eine in fremden Besitz befindliche Urkunde bestehe lediglich dann, wenn diese zur Förderung, Erhaltung oder Verteidigung einer rechtlich geschützten Position benötigt werde. Es fehle das rechtliche Interesse, wenn die Vorlegung ohne genügend konkrete Angaben lediglich dazu dienen soll, erst Unterlagen für die Rechtsverfolgung gegen den Besitzer der Urkunde oder Sache zu beschaffen. Das Vorlegungsverlangen dürfe nicht zu einer unzulässigen Ausforschung führen; daher greife § 810 BGB nicht ein, wenn jemand, der für einen Schadensersatzanspruch gegen den Urkundenbesitzer an sich darlegungs- und beweispflichtig ist, sich durch die Urkundeneinsicht zusätzliche Kenntnisse verschaffen und erst auf diese Weise Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges Verhalten des Urkundenbesitzers ermitteln wolle.

Ebenso wenig komme ein Auskunftsanspruch nach § 84a AMG in Betracht. Medizinprodukte seien keine Arzneimittel. Auch eine analoge Anwendung des AMG scheide aus, da keine Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke ersichtlich seien. 

 

OLG Frankfurt a.M. 21.06.1012-22 U 89/10

 

Ist ein grober Verstoß gegen den ärztlichen Standard grundsätzlich geeignet, mehrere Gesundheitsschäden bekannter oder (noch) unbekannter Art zu verursachen, so kommt eine Ausnahme vom Grundsatz der Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern regelmäßig nicht deshalb in Betracht, weil der eingetretene Gesundheitsschaden als mögliche Folge des groben Behandlungsfehlers zum maßgebenden Zeitpunkt noch nicht bekannt war.

 

BGH 19.Juni 2012 VI ZR 77/11

 

Schriftliche Risikoaufklärung bei Routine-Impfungen

 

Bei Routineimpfungen, die öffentlich empfohlen werden genügt es , wenn dem Patienten nach ordnungsgemäßer schriftlicher Aufklärung Gelegenheit zur weiteren Information durch ein Gespräch mit dem Arzt gegeben wird. Diese Art der Aufklärung über öffentlich empfohlene Impfungen der Bevölkerung entspricht auch den Empfehlungen der STIKO ( Ständige Impfkommission) am Robert-Koch-Institut und zwar unabhängig davon, ob diese in öffentlichen Impfterminen oder als Einzelimpfung vorgenommen wird.

 

OLG Zweibrücken 31.01.2013 -5 U 43/11

 

Keine Entlastung bei Aufklärung durch einen Vorbehandler

 

Mit der Überweisung eines Patienten an ein Krankenhaus geht die Verantwortung für den Patienten vom überweisenden Arzt auf den Nachbehandler über. Der Überweisende hat dem nachbehandelnden Arzt zwar den medizinischen Grund der Überweisung und etwaige für eine Nachbehandlung relevanten Besonderheiten mitzuteilen; selbst wenn aber der überweisende Arzt einen bestimmten Eingriff für indiziert hält und den Patienten deshalb in ein Krankenhaus einweist, enthebt dies den dort weiterbehandelnden Arzt nicht von seiner Pflicht zur umfassenden Risikoaufklärung.

Eine eventuell bereits erfolgte Aufklärung durch den erstbehandelnden Arzt kann sich das Krankenhaus nicht entlastend zurechnen.

 

OLG Naumburg 08.11.2012 -1 U 62/12

 

Behandlungspflicht bei primärer oder sekundärer Behandlung

 

Wird der Arzt aufgrund einer Überweisung tätig, so ist er grundsätzlich weder zur eigenständigen weitergehenden Behandlung- etwa durch die Durchführung von MRT oder CT- befugt noch zur umfassenden Beratung verpflichtet. Denn Primärbehandler und damit für die Koordination und Behandlung zunächst Verantwortlicher ist der überweisende Arzt. Der Sekundärbehandler muss lediglich bei entsprechenden Hinweisen reagieren, wenn für ihn erkennbar ist, dass der überweisende Primärarzt fehlerhaft handelt, etwa gebotene Befundungen unterläßt oder relevante Umstände bei der Diagnose außer Acht läßt. Grundsätzlich darf er darauf vertrauen, dass der überweisende Arzt ordnungsgemäß behandelt.

 

OLG Hamm 21.05.2013 -26 U 140/12

 

Grundaufklärung

 

Der Patient muss im Großen und Ganzen wissen, worin er einwilligt. Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entscheidung von Bedeutungsein können. Dem Patienten muss eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern. Die Risiken brauchen nicht medizinisch exakt und in allen denkbaren Erscheinungsformen dargestellt werden. Ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des Risikospektrums genügt, ist aber auch erforderlich.

 

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Grundaufklärung in aller Regel nur dann erfolgt, wenn der Patient auch einen Hinweis auf das schwerste möglicherweise in Betracht kommende Risiko erhalten hat.

 

OLG Karlsruhe 12.12.2012 -7 U 176/11

 

 

 

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